4 Faktoren, die einer Beziehung das Ende bringen

Seitensprünge, finanzielle Schwierigkeiten, unterschiedliche Vorlieben oder Gewalt. Solche Dinge können jede Beziehung belasten und man möchte meinen, dass diese die häufigsten Gründe für eine Trennung sind.

Der amerikanische Psychologe John Gottman forscht seit den 1970-er Jahren in seinem Ehe-Labor (Love Lab) und hat über 3.000 Paare über Jahre hinweg mittels Videoanalyse beobachtet. Gottman zählt zu den führenden Paar- & Beziehungsforschern und fand durch seine Untersuchungen heraus, dass es vier besonders destruktive Verhaltensweisen gibt, die sich zerstörerisch auf Beziehungen auswirken. Genauer gesagt geht es darum, WIE Partner sich streiten und dabei miteinander umgehen. Er nennt diese Faktoren die 4 apokalyptischen Reiter, in Anlehnung an die in der Bibel genannten Reiter, die den Weltuntergang ankünden.

Gottmann nennt vier Kommunikationsfehler, die eine Partnerschaft ruinieren und zur Trennung führen können:

🏇 Reiter 1: Kritik

🏇 Reiter 2: Verachtung

🏇 Reiter 3: Rechtfertigung

🏇 Reiter 4: Mauern

Nachstehend ist jeder der Reiter genauer beschrieben und du findest auch Tipps, um diese 4 Beziehungskiller aus dem Sattel zu werfen.

Reiter Nr. 1: Kritik

Ursprünglich kommt das Wort „Kritik“ aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Die Kunst der Beurteilung“. Bei einem Beziehungsstreit wird allerdings leider oftmals daraus die Kunst der VERurteilung.

Differenzen mit der Partnerin/dem Partner kommen in jeder Beziehung vor. Es ist in Beziehungen natürlich wichtig, dem Gegenüber seine Bedürfnisse oder seinen Ärger zu äußern. Der US-amerikanische Beziehungsforscher John Gottman sieht aber in der Form der Äußerung einen wesentlichen Unterschied: wird das Anliegen als Beschwerde oder als Kritik vorgebracht?

Was ist nun der kleine aber feine Unterschied zwischen Kritik und Beschwerde?

Ein Beispiel:

Kritik: „Immer muss ich dich daran erinnern den Geschirrspüler auszuräumen. Nie denkst du mit. Ständig ist dir alles andere wichtiger, du bist so hirnlos!“

Typisch für Kritik sind Verallgemeinerungen wie „immer, nie, ständig…“. Schuldzuweisungen wie „alles andere ist dir wichtiger“ führen dazu, dass sich das kritisierte Gegenüber in eine Abwehrhaltung bringt und sich rechtfertigt. Zudem werden Angriffe auf die Persönlichkeit ausgeführt durch „du bist so hirnlos“.

Durch Verallgemeinerungen, Schuldzuweisungen und Angriffe auf die Charakter- und Persönlichkeitseigenschaften der Partnerin/des Partners wird es schwieriger, einen konstruktiven Umgang zur Problemlösung zu finden. Beide Parteien begeben sich in diesem Fall in eine Angriffsposition.

Hier nun ein Beispiel für eine konstruktive Beschwerde:

Beschwerde: „Du hattest mir versprochen den Geschirrspüler auszuräumen. Es ärgert mich sehr, dass du es schon wieder vergessen hast.“

Eine Beschwerde bezieht sich auf ein aktuelles Ereignis und keine pauschale Verurteilung des Gegenübers. Sie beschreibt, was das konkrete Problem ist und die Person bleibt bei den eigenen Gefühlen, die das Problem bei ihr ausgelöst hat. Bedürfnisse werden konkret an- und ausgesprochen ohne die Persönlichkeit des anderen dabei abzuwerten.

Rettungsring: Das kannst du tun

Beginnt das Gespräch negativ und anklagend, sitzt der apokalyptische Reiter der Kritik bereits im Sattel. Besser ist es, das Gespräch ruhig aber klar in der Botschaft zu führen und dem Gegenüber deutlich zu machen, dass sein Handeln oder nicht-Handeln eine Auswirkung auf den Frieden in der Beziehung hat. So können Unstimmigkeiten als lösbare Probleme angegangen und sogar ausgeräumt werden.

Reiter Nr. 2: Verachtung

In Beziehungen kommt es bei Streitigkeiten häufig zu sarkastischen und zynischen Äußerungen, die Ausdruck von Verachtung und Geringschätzung sind.

Beispiel: „Du bist für Hausarbeit wohl zu intelligent?“ oder „Und, wirst du auf der Party wieder den Clown machen und alle unterhalten?“

Verachtende Kommentare, wie auch Augenrollen, Verhöhnen oder Humor auf Kosten des Gegenübers, vergiften die Partnerschaft.

Der Beziehungsforscher John Gottman bezeichnet den zweiten apokalyptischen Reiter als den gefährlichsten von allen.

Sobald das Gegenüber durch abwertende Aussagen den Eindruck bekommt, als Person so wie in seiner Persönlichkeit abgelehnt zu werden, verdichtet sich der Streit weiter.

Verachtende Kommentare führen zwangsläufig zu weiteren Wortgefechten und lassen eine Lösung des ursprünglichen Problems in weite Ferne rücken.

Nährboden für Sarkasmus und Zynismus

Grundlagen sind schwelende, negative Gedanken über die Partnerin/den Partner. Diese resultieren oftmals aus Problemen, über die schon vorher mehrmals diskutiert wurde und die auch damals nicht gelöst werden konnten. Dadurch entsteht in der Gedankenwelt ein verallgemeinertes (immer, ständig, nie…), negatives Bild und Gefühl. Wird immer wieder über dasselbe Problem debattiert (z.B. nicht ausgeräumter Geschirrspüler), verdichtet sich das negative Bild weiter und die Wurzel des Übels kann nicht mehr wertfrei und lösungsorientiert erörtert werden.

Übrigens: Paare, die sich mit Geringschätzung begegnen, erkranken nachweislich häufiger an Infekten als andere Menschen.

Rettungsring: So kannst du Abhilfe schaffen

Auch wenn es schwer fällt und ein und dieselbe Sache schon mehrfach zu Streitigkeiten geführt hat: versuche deine Stimme und dein Gemüt zu beruhigen. Wenn das nicht sofort gelingt, dann lasse zuerst gewisse Zeit für ein „cool-down“ vergehen. Wenn sich alle Parteien beruhigt haben, dann sprich das Thema nochmals an, streiche die positiven Seiten deiner Partnerin/deines Partners heraus und bleibe auf sachlicher Ebene über das Vorgefallene. Vermeide verbale Untergriffe und Angriffe auf Person und Persönlichkeit. Findet gemeinsam eine Lösung oder akzeptiert, dass sich vielleicht nicht immer alles (sofort) lösen lässt.

Zeige deine Bereitschaft, an einer Lösung interessiert zu sein und lass auch dem Gegenüber Vorschläge zur Bereinigung der Situation machen.

Reiter Nr. 3: Rechtfertigung

Wer unseren Beitrag über den Apokalyptischen Reiter 2 (Verachtung) gelesen hat, kann sich gut vorstellen, dass man auf verachtende Äußerungen mit Rechtfertigungen regiert. Rechtfertigung ist eine typische Reaktion auf Kritik und Verachtung.

Die Krux an der Sache ist allerdings, dass eine Rechtfertigung den Ball der Kritik an den Partner zurückspielt. Rechtfertigung ist in Wirklichkeit eine Methode, den Partner wieder im Gegenzug unterschwellig zu beschuldigen. Es unterstellt dem Gegenüber, dass es nicht verstehen kann oder will, wie es einem selbst geht.

Wenn sich beispielsweise die Frau darüber beschwert, dass der Partner zu wenig im Haushalt mithilft und mit Kritik und sarkastischen Bemerkungen darauf hinweist, dann wird sich der Partner daraufhin rechtfertigen.

Darauf könnte der Mann mit folgender Rechtfertigung antworten: „Wie soll ich noch im Haushalt mithelfen, wenn ich nach einem langen Tag müde nachhause komme?“ oder „Ich mache immer wieder Sachen für dich, um die du mich vorher nicht gebeten hast

Die Frau wird sich durch solche Äußerungen nicht verstanden fühlen und mit großer Wahrscheinlichkeit mit weiterer Kritik oder ebenfalls Rechtfertigung argumentieren.

Rechtfertigungen tragen also nicht dazu bei, dass sich das Gegenüber verstanden fühlt. Im Gegenteil: sie lassen den Streit nur noch weiter eskalieren, weil sich jeder Partner in seinem Erleben unverstanden fühlt.

Die apokalyptischen Reiter der Kritik, Verachtung und Rechtfertigung kommen zudem nicht in einer bestimmten Reihenfolge vor.  Sie neigen leider dazu, sich abwechselnd den Stab  hin und her zu reichen, wenn man sie nicht stoppt.

Rettungsring: So kannst du deeskalierend einwirken

Statt dich zu rechtfertigen ist es sinnvoll, dich in die Schuhe des anderen zu begeben, ein Verständnis für das Empfinden (den Ärger) zu entwickeln und auf die Beschwerde einzugehen.

Findet gemeinsam heraus, was sich hintern den Vorwürfen versteckt. Fühlt sich meine Partnerin/mein Partner überfordert, im Stich gelassen, hat Angst verlassen oder betrogen zu werden?  Was sind die dahinterliegenden Bedürfnisse und Gefühle des anderen? Gehe weg vom Ich-haften (ich will, ich brauche, ich muss…) zum Du: Was kann ich für dich tun? Was brauchst du von mir? Wie kann ich dich unterstützen?

Statt mit gegenseitigen Vorwürfen und Wortgefechten weiter zu machen, solltest du aus dem Ring aussteigen, auf die Partnerin/den Partner zugehen und dein Verständnis für die Verärgerung signalisieren. Sucht gemeinsam eine Lösung für das Problem. Das beseitigt nicht nur den Streit, sondern stärkt eure Partnerschaft. Ihr lernt, künftig mit Problemen anders umzugehen.

Reiter Nr. 4: Mauern/Stonewalling

Wer anfängt seinen Partner zu ignorieren,
ist auf dem besten Weg ihn zu verlieren.“

Wenn man von genau der Person, die einem viel bedeutet, ignoriert wird, dann belastet das die Beziehung maßgeblich. Liebe bedeutet, sich nahe zu bleiben, auch wenn es einmal kriselt. Stonewalling – also Mauern – kann auf Dauer zum Liebes-Aus führen.

Bei Stonewalling zieht sich das Gegenüber aus der Interaktion zurück, abschaltet ab oder hört auf, auf die Partnerin/den Partner einzugehen. Anstatt die Probleme konstruktiv zu klären, können Menschen, die blockieren, verschiedene Ausweichmanöver durchführen. Ein derartiger Rückzug kann körperlich, z.B. durch Verlassen des Raumes, oder innerlich, indem das Gegenüber beharrlich schweigt, erfolgen.

Oftmals sind es Männer, die sich hinter einer Zeitung oder durch Starren in die Flimmerkiste vor längst fälligen Aussprachen drücken. „In 85 Prozent der Ehen ist der Mann derjenige, der mauert“, schreibt Paarforscher Paul Gottman. Aber natürlich gibt es auch Frauen, die sich im Laufe der Zeit zu guten Mauer-Meisterinnen entwickelt haben.

Mauern ist eine typisch männliche Stressantwort auf Angriffe und hat seinen Ursprung in einem evolutionären Erbe.

Durch Mauern zeigt jemand, dass er sich machtlos fühlt. Eine Mauer hat eine Schutzfunktion um Feinde von außen fern zu halten. Für eine kurze Zeit entsteht das subjektive Gefühl, dahinter in Sicherheit zu sein – doch dieser errichtete Wall sorgt keinesfalls für friedliche Beziehungsstimmung.

Lasset den Teufelskreislauf beginnen – ein typisches Beispiel:

Er kommt müde von der Arbeit nachhause, freut sich auf Ruhe und Erholung und eine warme Mahlzeit. Doch sie erwartet ihn bereits mit Vorhaltungen, warum es schon wieder so spät geworden ist, wo er so lange war, dass das Essen schon kalt ist usw.
Und schon galoppiert unser 4 apokalyptischer Reiter heran: er beginnt zu mauern, meidet den Blickkontakt und versinkt immer tiefer hinter seiner Zeitung. Das macht die Dame des Hauses noch wütender und ihre Wort werden immer lauter – schließlich glaubt sie, ihn mit anschwellender Lautstärke hinter seiner Zeitung doch noch irgendwie zu erreiche. Dann reicht es ihm, er steht auf und geht hinaus, er geht dem Streit aus dem Wege, aber auch der Beziehung zu seiner Partnerin.

ER fühlt sich von ihr bedroht, SIE fühlt sich alleingelassen und für ihn unbedeutend.

Rettungsring: So stoppst du Stonewalling

Vom richtigen Zeitpunkt:

Überfalle deine/deinen ParternIn nicht an der Haustüre mit denen Vorhaltungen. Um Klärungsgespräch zu führen, braucht es den rechten Moment. Es macht nicht viel Sinn, sich nach einem arbeitsreichen Tag noch spät am Abend müde und erschöpft einer tiefergehenden Beziehungsdiskussion auszusetzten.

Suche den rechten Zeitpunkt, schafft eine entspannte Atmosphäre und kündigt (ohne Drohung) an, dass etwas besprochen werden sollte.

Der Gesprächsanfang:

Mach keinen groben Anfang indem du gleich den Eimer mit Vorwürfen ausleerst. Beginne damit, deiner Sicht auf dich Dinge darzulegen, was dich verletzt hat und was du dir wünscht. Hab auch Verständnis für die Einwände und Wünsche deines Gegenübers.

Klärungsgespräch:

Auf die innere Haltung kommt es an: wenn du schon von einem Streitgespräch ausgehst, dann wird es wohl den prophezeiten Streit geben. Wenn du davon ausgehst, dass sich die Angelegenheit KLÄREN lässt, dann ist deine Haltung zur Aussprache eine andere und wird sich positiv auswirken.

Mauern abbauen:

Wie du oben gelesen hast, hat die Mauer eine Schutzfunktion. Respektiere diesen benötigten Schutz, erkläre aber deinem Gegenüber, was es in dir auslöst, wenn deine Partnerin/dein Partner diese Mauern hochfährt und du das Gefühl hast, mit dem Problem allein gelassen zu werden, du nicht gehört wirst und aus den Gedanken und Gefühlen des anderen ausgeschlossen bist.